Heavy Metal unter der Haut?
Tattoo-Farben enthalten manchmal Schwermetalle oder andere schädliche Stoffe. Experten machen sich für die Sicherheit der Tätowiermittel stark. Wer sich ein Motiv stechen lassen möchte, sollte auch selbst darauf achten.
"Tattoo mal Frau" erklärt, warum und wie.
"Tattoo mal Frau" erklärt, warum und wie.
Tattoos sind Body-Bilder, die unter die Haut gehen. Mit den Farbstoffen, die die Tätowierung möglich machen, gelangen weitere Substanzen in den Körper - auch solche, die schlimmstenfalls krank machen können. Erst vor ein paar Wochen alarmierte die BILD-Zeitung ihre Leser mit der Schlagzeile „Arsen – Blei – Ruß – So giftig sind Tattoos wirklich“. „Eine Liste sicherer Farben gibt es bislang nicht“, bestätigt ein Sprecher des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Wolfgang Bäumler, Medizinphysiker und „Tattoo-Forscher“ am Universitätsklinikum Regensburg, warnt: „Das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen besteht. Das muss jeder Tätowierte wissen.“
Millionen Deutsche tragen ein Tattoo - oder mehrere. Wer sich einmal stechen ließ, wünscht sich oft ein weiteres Motiv. Dafür sprechen die Zahlen, die Statista 2016 zur Häufigkeit von Tätowierungen erhoben hat: 65 Prozent der 3.405 Befragten mit permanenten Körperbildern trugen mindestens zwei, manche sogar zehn und mehr Tattoos. Viele sind zudem großflächig tätowiert: Bei etwa 60 Prozent von 3.393 Befragten macht das gestochene Hautareal Statista zufolge 300 Quadratzentimeter und mehr aus. Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2014* ist der Körperschmuck vor allem bei jungen Leuten bis 29 Jahren beliebt – und hier speziell bei Frauen: 30 Prozent der Damen dieser Altersgruppe haben ihre Haut bereits zum Kunstwerk gemacht.
„Das Tätowieren ist in der Gesellschaft angekommen. Es ist kein Randphänomen mehr“, sagt Wolfgang Bäumler, der zum Thema „Gesundheit und Tattoo“ forscht. Er setzt sich außerdem in der Europäischen Kommission für ein Gesetz zur Sicherheit von Tätowiermitteln ein. Der Bedarf besteht: Dass ein Tattoo gesundheitliche Risiken haben kann, weiß Bäumler aus Erfahrung. Er arbeitet am Universitätsklinikum Regensburg im Institut für Dermatologie – damit sind Hautkrankheiten gemeint. Dort sehe er regelmäßig Patienten, die nach dem Tätowieren mit Beschwerden zu kämpfen haben.
Ein seriöses Tattoo-Studio, Nachsorge und die richtige Pflege sind wichtig
Die Symptome seien mal mehr, mal weniger gravierend, so Bäumler. „Zuletzt gab es auf unserer Station eine junge Frau Mitte 20. Ihr Rücken-Tattoo war fingerdick mit Streptokokken besiedelt, die Haut hatte sich massiv entzündet.“ In solch besonders schlimmen Fällen helfe manchmal nur noch, das tätowierte und danach erkrankte Hautareal zu entfernen, sagt der Experte. So stellt sich das wohl niemand auf dem Weg ins Tattoo-Studio vor. „Deshalb ist die Suche nach einem seriösen Tätowierer, der sauber und steril arbeitet, wichtig“, rät das BfR. Bestimmte Risiken lassen sich dann minimieren. Von großer Bedeutung ist zudem die eigene Nachsorge und richtige Pflege der frisch gestochenen Haut.
„Das Tätowieren ist in der Gesellschaft angekommen. Es ist kein Randphänomen mehr“, sagt Wolfgang Bäumler, der zum Thema „Gesundheit und Tattoo“ forscht. Er setzt sich außerdem in der Europäischen Kommission für ein Gesetz zur Sicherheit von Tätowiermitteln ein. Der Bedarf besteht: Dass ein Tattoo gesundheitliche Risiken haben kann, weiß Bäumler aus Erfahrung. Er arbeitet am Universitätsklinikum Regensburg im Institut für Dermatologie – damit sind Hautkrankheiten gemeint. Dort sehe er regelmäßig Patienten, die nach dem Tätowieren mit Beschwerden zu kämpfen haben.
Ein seriöses Tattoo-Studio, Nachsorge und die richtige Pflege sind wichtig
Die Symptome seien mal mehr, mal weniger gravierend, so Bäumler. „Zuletzt gab es auf unserer Station eine junge Frau Mitte 20. Ihr Rücken-Tattoo war fingerdick mit Streptokokken besiedelt, die Haut hatte sich massiv entzündet.“ In solch besonders schlimmen Fällen helfe manchmal nur noch, das tätowierte und danach erkrankte Hautareal zu entfernen, sagt der Experte. So stellt sich das wohl niemand auf dem Weg ins Tattoo-Studio vor. „Deshalb ist die Suche nach einem seriösen Tätowierer, der sauber und steril arbeitet, wichtig“, rät das BfR. Bestimmte Risiken lassen sich dann minimieren. Von großer Bedeutung ist zudem die eigene Nachsorge und richtige Pflege der frisch gestochenen Haut.
Tätowierfarben bestehen aus bis zu 100 Substanzen - die Herstellung wird meist nicht überwacht
Was sich Tätowierwillige klar machen müssen: Beim Aufbringen des Tattoos werden Farbpigmente mit Nadeln millimetertief unter die Haut gebracht. Dort bleiben sie, breiten sich aber auch im gesamten Körper aus. Ebenso die übrigen Inhaltsstoffe, mögliche gesundheitsschädliche Substanzen inklusive. Und die können in Tattoo-Farben schon mal vorkommen – vor allem, wenn sie unklarer Herkunft sind. Aber warum finden sich Rußpartikel, Schwermetalle, möglicherweise Krebserregendes und Giftiges darin? Wolfgang Bäumler erklärt: „Tattoo-Farben bestehen aus 60 bis 100 verschiedenen Substanzen. Vor allem aus Farbpigmenten in Pulverform. Sie werden in der Industrie zum Beispiel für die Herstellung von Druckertinte oder Autolack verwendet – und für Tätowiermittel quasi zweckentfremdet. So können Rückstände in die Tattoo-Farben gelangen.“
Damit das schwarze oder bunte Pulver unter die Haut gehen könne, müsse es verflüssigt werden: „Um eine Lösung zu erhalten, wird nicht nur Wasser zugesetzt, sondern auch Konservierungsmittel, Antischaumbildner und andere Hilfsstoffe“, so der Experte. Dieser Cocktail sei nicht immer lupenrein: „Die Herstellung der Tätowiermittel unterliegt in vielen Teilen der Welt keiner Überwachung. In Asien wird billig produziert. Aus Kostengründen spart man an den Farbpigmenten und mischt anderes bei.“ Hierzulande ist die Branche inzwischen immerhin wachsamer geworden und achtet seit einigen Jahren verstärkt auf die Farbsicherheit. Die Tätowiermittelverordnung (TätoV) legt fest, welche Inhaltsstoffe in Tattoo-Farben auf keinen Fall enthalten sein dürfen.
Damit das schwarze oder bunte Pulver unter die Haut gehen könne, müsse es verflüssigt werden: „Um eine Lösung zu erhalten, wird nicht nur Wasser zugesetzt, sondern auch Konservierungsmittel, Antischaumbildner und andere Hilfsstoffe“, so der Experte. Dieser Cocktail sei nicht immer lupenrein: „Die Herstellung der Tätowiermittel unterliegt in vielen Teilen der Welt keiner Überwachung. In Asien wird billig produziert. Aus Kostengründen spart man an den Farbpigmenten und mischt anderes bei.“ Hierzulande ist die Branche inzwischen immerhin wachsamer geworden und achtet seit einigen Jahren verstärkt auf die Farbsicherheit. Die Tätowiermittelverordnung (TätoV) legt fest, welche Inhaltsstoffe in Tattoo-Farben auf keinen Fall enthalten sein dürfen.
Stiftung Warentest untersuchte Tattoo-Farben: Für Allergiker gefährlich
Das scheint gewisse Wirkung zu zeigen: Die Stiftung Warentest hat zehn Tattoo-Farben von deutschen Herstellern untersucht. Keine einzige enthielt die in der TätoV verbotenen Inhalte. Das ist erfreulich. Entwarnung gab die Verbraucherschutzorganisation dennoch nicht: „Tätowierfarben können für Allergiker gefährlich werden, einige sogar ernsthaft krankmachen“, heißt es im test-Bericht. In sechs Farben hat das Labor nämlich Substanzen festgestellt, die allergische Reaktionen auslösen können. In zwei Farben wies es sogar giftige Bestandteile, sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAKs, nach. Die gelten als krebserregend, warnen die Tester.
Außerdem fanden die Verbraucherschützer Nickel in mehreren Produkten. Warnhinweise fehlen auf den Verpackungen. Das ist aus Sicht des Bundesinstitutes für Risikobewertung besonders bedenklich: „Nickel ist das am weitesten verbreitete Kontaktallergen. Es steckt in Lebensmitteln, Lederwaren, Schmuck und Haushaltsprodukten, in Zahnersatz oder Implantaten. Jemand, der auf Nickel empfindlich reagiert, kann es im Alltag kaum vermeiden. Das schränkt die Lebensqualität erheblich ein.“ Gelangt es über ein Tattoo in den Körper, könne das bei Allergikern zu Hautveränderungen wie Flechten und Granulomen führen, so ein Sprecher des BfR.
Außerdem fanden die Verbraucherschützer Nickel in mehreren Produkten. Warnhinweise fehlen auf den Verpackungen. Das ist aus Sicht des Bundesinstitutes für Risikobewertung besonders bedenklich: „Nickel ist das am weitesten verbreitete Kontaktallergen. Es steckt in Lebensmitteln, Lederwaren, Schmuck und Haushaltsprodukten, in Zahnersatz oder Implantaten. Jemand, der auf Nickel empfindlich reagiert, kann es im Alltag kaum vermeiden. Das schränkt die Lebensqualität erheblich ein.“ Gelangt es über ein Tattoo in den Körper, könne das bei Allergikern zu Hautveränderungen wie Flechten und Granulomen führen, so ein Sprecher des BfR.
Nur wenige wissen, was in Tattoo-Farben steckt - ein Drittel der Menschen vertraut auf ihre Sicherheit
Er rät deshalb dringend, sich vor dem Stechen eines Tattoos „möglichst umfassend über die verwendeten Mittel zu informieren“. Das scheint selten der Fall. In einer Studie über die „Häufigkeit von Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit tätowierter Haut“**, die Wolfgang Bäumler vor einigen Jahren mit Kollegen vorgelegt hat, kam heraus, dass sich Menschen mit dem Wunsch nach einem Tattoo wenig Gedanken darüber machen: Zwei Drittel der Teilnehmer wussten nichts über die Farben, die für ihre Tätowierung benutzt worden sind. Nur 23 Prozent hatten sich für die Liste der Zutaten interessiert, während 41 Prozent die chemische Zusammensetzung egal war. Ein Drittel ging vertrauensvoll davon aus, die Tätowiermittel seien sicher.
Wie oft es zu Erkrankungen in Folge von Tätowierungen kommt? Darüber streiten sich die Geister und verlässliche Erkenntnisse fehlen bislang. „Das Thema ist wissenschaftlich bis vor ein paar Jahren kaum untersucht worden. Auch die Zahlen von Menschen, die mit Tattoo-bedingten Symptomen zum Arzt gehen, werden nicht erfasst“, weiß Bäumler. In seiner Studie kam jedoch Folgendes heraus: Circa zwei Drittel der mehr als 300 Befragten hatten nach dem Tätowieren akute Probleme mit der Haut oder körperliche Reaktionen. Bei neun Prozent haben die Symptome noch vier Wochen angehalten. Sechs Prozent hatten sogar länger andauernde Beschwerden. Bei Frauen ist das häufiger der Fall als bei Männern. Bunte – vor allem rote - Farbpigmente lösen häufiger Beschwerden aus als schwarze. Das sollte zu denken geben, denn Rot ist – laut Statista – die zweitbeliebteste Tattoo-Farbe.
Wie oft es zu Erkrankungen in Folge von Tätowierungen kommt? Darüber streiten sich die Geister und verlässliche Erkenntnisse fehlen bislang. „Das Thema ist wissenschaftlich bis vor ein paar Jahren kaum untersucht worden. Auch die Zahlen von Menschen, die mit Tattoo-bedingten Symptomen zum Arzt gehen, werden nicht erfasst“, weiß Bäumler. In seiner Studie kam jedoch Folgendes heraus: Circa zwei Drittel der mehr als 300 Befragten hatten nach dem Tätowieren akute Probleme mit der Haut oder körperliche Reaktionen. Bei neun Prozent haben die Symptome noch vier Wochen angehalten. Sechs Prozent hatten sogar länger andauernde Beschwerden. Bei Frauen ist das häufiger der Fall als bei Männern. Bunte – vor allem rote - Farbpigmente lösen häufiger Beschwerden aus als schwarze. Das sollte zu denken geben, denn Rot ist – laut Statista – die zweitbeliebteste Tattoo-Farbe.
Für ein sicheres Tattoo: Den Arzt oder Tätowierer fragen
Keine Frage: Tattoos sehen toll aus, sind Ausdruck von Individualität und machen interessant. Sie können - wie Narben-Cover - sogar „therapeutische“ Wirkung haben und helfen, sich wegen des Körpermals nicht länger zu schämen, Selbstbewusstsein zurückzugewinnen und stolz auf den permanenten Körperschmuck zu sein. Es ist jedoch nicht vorhersehbar, wie der eigene Körper auf die Farbe reagiert - oder wann. „Das kann akut, also sofort nach dem Tätowieren, passieren - oder Jahre später“, sagt Bäumler. Gerade Frauen nach einer schweren Erkrankung wie Brustkrebs, aber auch alle anderen Menschen mit dem Wunsch nach einem Narben-Tattoo tun gut daran, sich gründlich zu informieren, Risiken abzuwägen und auf größtmögliche Sicherheit zu achten. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt und dem Tätowierer Ihres Vertrauens darüber!
* „Tattoos und Piercings gefallen vor allem Jüngeren“, Allensbacher Kurzbericht, Institut für Demoskopie Allensbach, 8. Juli 2014.
** Es handelt sich um die Studie „Incidence of Health Problems Associated with Tattooed Skin: A Nation-wide Surve in German-Speaking Countries”, Bäumler et. Al, veröffentlicht in „Dermatology” im März 2010.
** Es handelt sich um die Studie „Incidence of Health Problems Associated with Tattooed Skin: A Nation-wide Surve in German-Speaking Countries”, Bäumler et. Al, veröffentlicht in „Dermatology” im März 2010.